Kleist, Gesetz, Begehren, Sexualität

Der Übergang von der vorbürgerlichen zur bürgerlichen Gesellschaft läßt sich als Ablösung der symbolischen Mechanismen der Vergesell- schaftung durch imaginäre beschreiben. Die symbolischen Identifizierungen der Subjekte werden zunehmend verdrängt bzw. überlagert von imaginären, die mit Rousseau als die eigentlich menschlichen angesehen werden. Die Kernfrage der Arbeit lautet: Ist die außerordentliche Betonung des Vertrauens, des Gefühls bei Kleist als ein Anzeichen der neuen imaginären Beziehungen zwischen den Subjekten zu interpretieren, oder handelt es sich - ganz unrousseauistisch - um Reste der alten symbolischen Identifizierungen? Zeigt sich also in dieser Betonung des Gefühls, der 'inneren Stimme', die Ablehnung der alten symbolischen Ordnung zugunsten einer 'natürlichen' oder vielmehr die Präsenz des alten Gesetzes in der modernen Ordnung? Die Arbeit stellt, gestützt auf die Begrifflichkeit des frühen Lacan, neue Fragen an Kleists Werk. Um welchen Grundkonflikt sind Kleists Weltentwürfe organisiert? Welche Objekte des Begehrens schafft er, womit identifizieren sich seine Figuren? Dabei zeigt sich, daß die Struktur seiner Werke eine ganz andere ist, als die Briefe Kleists und seine Orientierung an Rousseau erwarten lassen. Auch die Frage nach Kleists Zugehörigkeit zur Romantik stellt sich neu. Es ergeben sich fundamentale Unterschiede zwischen den romantischen und den Kleistschen Liebespaaren, in puncto Aufbau des Figurenarsenals und was die Geschlechter füreinander begehrenswert macht. Seit der Literatur der Aufklärung ist eine Marginalisierung der Sexualität zu konstatieren, die der vorbürgerlichen Literatur fremd war. Wie verhalten sich Kleists Werke zu dieser Entwertung des Sexuellen? Wieso finden sich in seinen Texten so häufig sexuelle Akte - anders als in den romantischen? Anhand einer Relektüre der Penthesilea, angeregt durch Lacans Analyse zu Antigone, wird der Frage nachgegangen, ob Kleist, wie in der dekonstruk- tivistisch orientierten Forschung, für die Einsicht in den Konstruktcharakter unserer Wirklichkeit in Anspruch genommen werden kann. Sind die vielen Ungereimtheiten, die logischen Brüche, die Unwahrscheinlichkeiten in Kleists Texten tatsächlich ein Hinweis auf die postmoderne Wirklichkeitserfahrung, auf die Erschütterung des Glaubens an die Konsistenz der Welt?

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Artikelnummer 9783861091776
Produkttyp Buch
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Autor Gallas, Helga
Verlag Stroemfeld Verlag
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Erscheinungsjahr 2005
Seitenangabe 248
Sprache ger
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