Sigmund Freud

Eric Kandel, im Jahre 2000 Nobelpreisträger für Medizin und renommierter Gedächtnisforscher, hat kürzlich festgestellt, die Psychoanalyse sei immer noch »die umfassendste schlüssigste und intellektuell überzeugendste Auffassung des Geistes, der Psyche«. Tatsächlich ist inzwischen unbestritten, daß Freud mit der Entdeckung des Unbewußten das Menschenbild unserer Epoche revolutioniert hat. Die biographische Sekundärliteratur über den Begründer der Psychoanalyse ist längst ins Unübersehbare angewachsen. Der vorliegende, inzwischen als klassisch geltende Band eröffnet einen besonderen, tatsächlich einzigartigen Zugang. Durch die Montage von mehr als dreihundert Fotos und Dokumenten mit zum Teil erstmals publizierten Zitaten aus Freuds Briefen und Werken entstand so etwas wie eine facettenreiche illustrierte Autobiographie, und zwar eine intimere Autobiographie, als Freud sie je veröffentlicht hätte. Das Buch, das seine weit verstreuten, in den Werken oft beiläufig erwähnten Selbstkommentare aneinanderfügt, führt uns vor Augen, wieviel er, ungeachtet seiner Scheu bezüglich autobiographischer Aussagen, doch über sich mitgeteilt hat. Die Dokumentation reicht von der frühen Kindheit in der mährischen Kleinstadt Freiberg bis in den Tod im Londoner Exil. Die Atmosphäre in einer kinderreichen, bald von Armut heimgesuchten jüdischen Familie wird spürbar, der Leser erfährt etwas vom Aufwachsen in der mährischen Provinz und in der Landeshauptstadt. Wichtige Lebensphasen, Personen und Orte sind dokumentiert: Die Schulzeit in einem Wiener Gymnasium, die Ausbildung an der vom Positivismus geprägten, damals weithin berühmten Wiener Medizinischen Schule, die Entdeckung der Psychopathologie unter dem Einfluß der großen lehrers Charcot während des Pariser Studienaufenthalts, Beschäftigung mit Hysterie und Hypnotismus, Zeit der »splendid isolation«, der Entwicklung des psychoanalytischen Grundlagen, Ausbreitung der Lehre, Sezessionen der Schüler, Anfeindung und schließlich Anerkennung, politische Verfolgung und Exil. So furchtlos Freud als Wissenschaftler gegen alle hergebrachten Schemata beobachtete und dachte, so konsequent orientierte er sich in seinem Alltags- und Familienleben an den Gepflogenheiten seiner Umwelt und seiner sozialen Schicht. Auch diese Aspekte von Freuds Wesen werden in dem Buch sichtbar, so daß es sich nicht nur als eine Einführung in sein revolutionäres Denken lesen läßt, sondern gleichermaßen als die Darstellung typisch bürgerlichen Lebens im ausgehenden 19. Jahrhundert und beginnenden 20. Jahrhundert, als ein Stück Kulturgeschichte. Und nicht zu vergessen: der Band bietet dem Leser Gelegenheit, in überraschenden Bild-Text-Kombinationen sich immer wieder der Schönheit von Freuds Prosa zu erfreuen.

19,50 CHF

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